Wie setzt man ein Projekthandbuch auf?

Projekthandbuch Thumbnail Chris Schiebel

Seit 2019 bin ich ehrenamtlich als Volunteer im Social Responsibility Programm des PMI Germany Chapter tätig und unterstütze den gemeinnützigen Verein WECF. Hier gebe ich euch Einblicke in das Projekt „Project Execution Masterplan“. Das konnten wir erfolgreich abschließen. Im Fokus stand insbesondere die Einführung und Etablierung eines Projektmanagement Handbuchs für den Bereich “Energy & Climate”. Auf die Ergebnisse und die Art der Zusammenarbeit bin ich besonders stolz. Viel Spaß beim Lesen.

Rückblick auf 2 Jahre Kooperation:Project Execution Masterplan“ erfolgreich abgeschlossen. Projekthandbuch schafft Standards.

 WECF steht für Women Engage for a Common Future. WECF e.V. Deutschland ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in München. Der Verein ist Mitglied im internationalen Netzwerk WECF https://www.wecf.org, zu dem über 150 Frauen-, Umwelt- und Gesundheitsorganisationen gehören, die Projekte in 50 Ländern durchführen. In Kooperation mit internationalen Partner*innen verfolgt WECF das Ziel, eine gerechte, nachhaltige und gesunde Umwelt für alle zu schaffen. Zudem setzt WECF geschlechtergerechte Lösungen um und bringt Wissen und Erfahrungen in die lokale, nationale und internationale Politik ein.

 

Das PMI Germany Chapter ist der Deutschland-Ableger des internationalen Projektmanagementverbands PMI (Project Management Institute) und ebenfalls als Verein organisiert. Um u.a. bei der Verbreitung qualitativ hochwertige und standardisierte Projektarbeit behilflich zu sein, unterstützen ehrenamtliche Mitglieder wie ich gemeinnützige Organisationen in ganz Deutschland.

 

Zwischen August 2019 und Mai 2021 haben wir gemeinsam zehn zwei- bis dreistündige Workshops durchgeführt. Ich leitete das Kooperations-Projekt mit der klaren gemeinsamen Vision: Ein professionelles Projektmanagement bei WECF einzuführen und aufzubauen.

„Durch die Unterstützung wurde WECF befähigt, bessere Ergebnisse für nachhaltige Gesellschaften zu erzielen.“

Katharina Habersbrunner, Teamleiterin „Energy, Climate and Gender“ WECF e.V. Deutschland

Ein Projektmanagement-Handbuch zu erarbeiten, war das Hauptziel der gemeinsamen Initiative unter dem Namen „Project Execution Masterplan“. Das vermittelte Projektmanagement-Wissen sollte schrittweise als neuer Standard zur Anwendung gebracht werden. Dazu wurden die Projektbeteiligten geschult und die angewandten Methoden WECF-spezifisch verfeinert.

Projekte strukturiert und nachhaltig managen dank Projekthandbuch

Die Vorgehensweise basierte dabei auf einer eigens aus dem PMBOK® Guide 6th Edition abgeleiteten Struktur und darin beschriebenen Schlüsseldokumenten (siehe Grafik).

Projekthandbuch Tabelle

Tabellarische Struktur in Anlehnung an die Projektphasen, Knowledge Areas und Deliverables aus dem PMBOK® Guide, 6th Edition

Folgender Nutzen für WECF wurde zu Beginn der Zusammenarbeit definiert:

  • Einführung einer einheitlichen, auf Standard-Methoden basierenden Projektabwicklung
  • Definition von Strukturen und Templates zur einheitlichen Projekt-Dokumentation mit dem Ziel der Effizienzsteigerung, Wissenssicherung und Wiederverwendung in Folgeprojekten
  • Bessere Übersicht über den Projektstatus
  • Weniger Aufwand für das regelmäßige Reporting an die Geldgeber/Donoren
  • Frühzeitiges Erkennen und Abmildern von Risiken

Für uns als PMI Germany Chapter (Chapter) standen darüber hinaus folgende Ziele hinter dem Engagement:

  • Der Bekanntheitsgrad vom Chapter und die positive Wahrnehmung des Social Responsibility Program in der Öffentlichkeit werden gesteigert.

  • Einen Beitrag zur 50th-Anniversary Initiative des Project Management Institute (Unterstützung der UN Sustainable Development Goals) leisten.

  • Die Arbeit der Volunteers des Chapter werden anerkannt.

  • Es sollen weitere Freiwillige motiviert werden, sich als Volunteers für das Chapter zu engagieren.

Der Ausgangspunkt war eine Analyse zur Beurteilung, wo WECF e.V. Deutschland heute steht, wie gearbeitet wird, wie Projekte umgesetzt werden und wo die größten Lücken in den Abläufen zu finden sind. Daraufhin wurden die bestehenden Methoden und Instrumente von der Projekt-Initialisierung bis hin zum Abschluss eines Projekts gezielt ergänzt. Laufende Projekte konnten als Pilotprojekte genutzt werden, um unmittelbar davon zu profitieren. Bestehende Schmerzpunkte konnten gleich angegangen werden. Die Passgenauigkeit der Methoden und Instrumente wurden dabei überprüft, nachjustiert und individualisiert.

Auszug aus der Analysephase

WECF arbeitet grundsätzlich an einer Vielzahl von Projekten in verschiedenen Ländern und zu mehreren Themen, die sich vor allem in ihrer Komplexität und dem Maß an vorgegebener Struktur stark unterscheiden. Deshalb wurden bei der Entwicklung und Implementierung des „Project Execution Masterplans“ insbesondere Projekte als „Pilot“ ins Auge gefasst, die überwiegend eigenständig von WECF strukturiert und gemanagt werden.

Von der Theorie zur Praxis: WECF-Projekt „Grüne Energie in Bürger*innenhand“

Eines dieser Projekte ist „Grüne Energie in Bürger*innenhand“, ein WECF-Projekt in Äthiopien gewesen. Hier wurden gemeinsam mit lokalen Organisationen ländliche Lösungen für die Produktion erneuerbarer Energien entwickelt.


Hintergrund des Projekts ist, dass trotz des Wirtschaftswachstums, des verbesserten Zugangs zu Bildung und Gesundheitsdiensten, sowie einer erhöhten Elektrifizierungsrate in Äthiopien immer noch mehr als 22 Millionen Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben. Eine noch höhere Anzahl von Menschen hat keinen Zugang zu erschwinglicher oder gar nachhaltiger Energie sowie adäquater Wasser- und Sanitärversorgung.

Installation der Fotovoltaik-Anlagen auf dem Dach einer Kaffee-Genossenschaft in Äthiopien (Foto: OCFCU)

Viele ländliche Gebiete sind nach wie vor von den Elektrifizierungsbemühungen ausgeschlossen. Die Folge ist, dass sie auf umwelt- und gesundheitsgefährdende und teure Ressourcen zurückgreifen müssen. Darunter fallen z. B. Kerosin für die Beleuchtung, Diesel für die Stromerzeugung und die traditionelle „3-Stein-Methode“ zum Kochen, bei der Brennholz zwischen drei Steinen entzündet wird, was in der Regel zu einer starken Rauchentwicklung führt. Frauen, die hauptsächlich von den negativen Auswirkungen des Einsatzes traditioneller Technologien betroffen sind, müssen dabei in das Management der Energie- und Wasserversorgung auf Haushalts- und Genossenschaftsebene einbezogen werden.


WECF arbeitet mit der Kaffee-Genossenschaftsallianz OCFCU zusammen und fördert nachhaltige und dezentrale Energietechnologien. Ein weiteres Ziel ist es, mehr Frauen in das Management der Technologien einzubeziehen und die Bedeutung einer geschlechtsspezifischen Planung von Energie-Projekten aufzuzeigen.

Der Beitrag des PMI zum Nachhaltigkeitsprojekt des WECF

Im Rahmen der Initialisierungsphase des gemeinsamen Projekts wurden gleich zu Beginn Steckbriefe und Stakeholder-Analysen erstellt, die als Grundlage für die Planungsphase dienten. Dabei entwickelte WECF u. a. eine klar definierte Ordnerstruktur, einen Projektstrukturplan mit Arbeitspaketen sowie einen Kommunikationsplan. Die Mitarbeitenden wurden mit Budgetplanungen, insbesondere Schätzmethoden und dem Risikomanagement vertraut gemacht. In den Vorbereitungen der Ausführungsphase wurde für die Mitarbeitenden klar ersichtlich, wie wichtig die Dokumentationen von Ergebnissen und ‚Lessons Learned’ sind. Dadurch kann WECF auf bereits vorhandene Erfahrungen und die einsatzbereite Expertise im Netzwerk zurückgreifen, wertvolle Materialien teilen und Synergien nutzen. Eine einheitliche Reporting-Vorlage sowie Inbetriebnahmeprotokolle sind nur der Beginn eines vereinfachten Monitorings und Abschlusses eines Projekts.

Auszug aus den Trainingsunterlagen

Die Ergebnisse des Trainings und Coachings wurden in einem WECF Projektmanagement (PM)-Handbuch festgehalten. Dazu zählen u.a. eine klar definierte Ordnerstruktur sowie Vorlagen zur Projektkonzeption, -planung, -dokumentation, -überwachung und zum Projektabschluss. Die Vorlagen tragen mit der erreichten Vereinfachung und Vereinheitlichung zu einer besseren Übersicht des Projektstatus bei.

Ressourcen können nun sinnvoller genutzt und mögliche Engpässe und Risiken frühzeitig erkannt werden. Vor allem für neue Kolleg*innen ist das PM-Handbuch eine sehr große Unterstützung, um sich in die Projekte von WECF einzuarbeiten.

Akzeptanz erhöht durch Bottom-up-Ansatz

Für das Pilotprojekt in Äthiopien und WECF bedeutete das, dass nach einer gründlichen Bedarfsanalyse und Schulungen zu nachhaltigen Technologien, Managementkenntnissen, Finanzierungsmechanismen, Marketingstrategien und Interessenvertretung mit nationalen und internationalen Expert*innen die teilnehmenden Genossenschaftsmitglieder zu Energie- und Wasserbotschafter*innen ausgebildet wurden. Sie schärfen heute das Bewusstsein in ihren Genossenschaften und Gemeinden und sind in der Lage, Energietechnologien zu planen, zu betreiben, zu warten und sogar zu verkaufen. Dies stärkt sowohl die Genossenschaften als auch die Haushalte, schafft neue Beschäftigungsmöglichkeiten, erweitert die wirtschaftlichen Aktivitäten und macht die Genossenschaften für Expert*innen und junge Bürger*innen attraktiv.


Außerdem wird das damit in der Region gewonnene Know-how erhalten und von den Beteiligten weitergegeben. Der Bottom-up-Ansatz mit Mobilisierung und Einbeziehung von Frauen und Männern erhöht zudem auch die Akzeptanz für neue erneuerbare Energietechnologien allgemein.

Als Verein und globales Netzwerk ist WECF projektfinanziert, bewirbt sich also auf Förderprogramme, Ausschreibungen und Service-Vereinbarungen. Dabei stehen folgende Themen im Fokus: Klima, Erneuerbare Energie, Geschlechtergerechtigkeit, Chemikalien und Wasserversorgung. Die Fördermittel werden beispielsweise von der Europäischen Kommission, verschiedenen Abteilungen der Vereinten Nationen, deutschen, französischen und niederländischen Ministerien ausgeschrieben. Nutzer*innen und „Kund*innen“ sind oft Frauen, vulnerable Gruppen (z. B. aufgrund von Energiearmut und fehlendem Zugang zu Informationen und Finanzen und weitere benachteiligte Gemeinschaften. Durch die Unterstützung im Projektmanagement wurde WECF befähigt, die bestehenden, kostbaren Ressourcen effizienter einzusetzen und damit einen größeren Beitrag zu Nachhaltigkeit und Gemeinwohl zu leisten.

Mein spezieller Dank gilt den treibenden Kräften bei WECF, allen voran Katharina Habersbrunner, Verena Demmelbauer und Anja Rühlemann. Sowie Manfred Ott, ehrenamtlicher Leiter des Social Responsibility Program des PMI Germany Chapter.

Lesetipp: Projektmanagement im Eventbereich

Auch hier konnte ich zusammen mit Chanaka Perera als Volunteers WECF unterstützen: Munich Festival of Action – „Nachhaltigkeit zum Anfassen in München“ https://www.wecf.org/de/munich-festival-of-action/

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