Wie gehe ich als Projektleiter mit Konflikten im Team um?
Konflikte moderieren ohne Machtmissbrauch
Wenn sich zwei Personen in deinem Projekt vor deinen Augen behaken, wie verhältst du dich dann?
Häufig geht es in Konfliktseminaren ja besonders darum, wie du selbst als direkt beteiligte Konfliktpartei besser reagierst, agierst oder sogar den Konflikt lösen kannst. Richtig herausfordernd finde ich es jedoch vor allem dann, wenn ich gerade nicht beteiligt bin, sich der Konflikt allerdings direkt vor meinen Augen entfaltet.
Wie verhält man sich da richtig? Ich nähere mich mal von einer recht alltäglichen Seite:
Vielleicht bist auch du aktuell im Urlaub. Wie ich, vielleicht sogar mit der ganzen Familie oder Freunden. Für mich seit 4 Jahren ganz normal.
Denn ich bin auf einem 4-Generationen-Hof aufgewachsen und wünsche mir auch für meinen Sohn möglichst viele Einflüsse und bloß keine Helikopter-Eltern. Also sind im Urlaub wochenweise auch seine Tanten, Omas usw. mit dabei.
Ich kenne viele, die würden nie im Leben mit ihren Schwiegereltern in den Urlaub fahren. Manche nicht mal mit ihren eigenen Eltern. Geschweige denn mit pubertierenden Neffen, also anspruchsvollen Kindern, die gar nicht die eigenen sind.
Warum? Zu hohes Konfliktpotenzial!
Ist bei uns nicht anders. Zeitweise waren wir dieses Jahr zu 11t, da wir meinen amerikanischen Teil der Familie besucht haben. Doch es sind gar nicht meine eigenen Konflikte, sondern die Szenen, in denen sich die anderen streiten, die mich ganz schön beschäftigen.
Mische ich mich jetzt ein?
Immerhin ist das meine Familie und ich wollte den Urlaub so. Mit allem Drum und Dran! Und dann gehört eben auch das Schlichten von Konflikten dazu!
Lass ich's laufen?
Auf der anderen Seite, gehört das eben dazu. Auch alle anderen haben sich für den Urlaub entschieden. Und sind damit auch irgendwie in der Pflicht, ihre eigenen Konflikte zu lösen.
Als Leiter meiner Projekte habe ich dieselben zwei Stimmen im Kopf:
- Die eine Stimme sagt: „Du bist der Projektleiter, mach was!"“
Doch ab wann ist es wirklich meine Verantwortung? - Die andere Stimme sagt: „Das sind erwachsene Menschen, lass sie das selbst lösen.“
Doch wie erkenne ich, dass sie das alleine wirklich können?
Eines ist klar: Ein zu frühes Einmischen macht meist alles nur noch schlimmer!
Insbesondere, wenn es ungewollt ist. Dich also niemand dazugeholt und um Unterstützung gebeten hat. Dann schwingst du dich zum Retter auf, setzt jedoch etwas ganz anderes in Gang:
Im Normalfall waren die Streithähne bis dato auf Augenhöhe. Dein Eingreifen ernennt jetzt beide Konfliktparteien zu Täter:innen. Im Sinne von: Ihr habt Streit. Ihr seid die Bösen. Mit euch stimmt was nicht. Das darf nicht sein. Ich löse das jetzt mal für euch.
Nicht gut! Denn damit wirst du plötzlich der Aggressor bzw. die Aggressorin.
Selbst wenn vorher klar erkennbar war, dass eine Konfliktpartei austeilt, und du dich schützend an die Seite der angegriffenen Person stellst, landest du auch in einem Dilemma. Denn du bestimmst jetzt damit, wer Opfer und wer Täter:in ist. Wer gut und wer schlecht ist bzw. sich richtig oder falsch verhält. Gar nicht gut, erst recht nicht vor anderen. Niemand will Opfer sein. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass sich plötzlich beide gegen dich verbünden. Statt Retter:in wirst du das Opfer.
Die Kommunikationslehre benutzt hierfür das Drama-Dreieck zur Veranschaulichung
Und zeigt damit sehr einfach und prägnant, wie schnell ein und dieselbe Person von einer in die andere Rolle (Opfer, Täter, Retter) schlüpfen kann. Gewollt, wie ungewollt.

Doch, wie macht man es nun richtig(er)? Bloß keine Machteingriffe!
Meine Projekte und auch der aktuelle Familienurlaub lehren mich immer wieder, dass ein Machteingriff meinerseits ein absolutes No-Go ist. Was auch Sinn ergibt, denn das ist die Lösungsstrategie für ganz weit eskalierte Konflikte. Und zwar beyond Anfeindung, Lagerbildung und destruktiven/verletzenden Handlungen.
Ein Machteingriff wäre zu sagen „Ich bin hier der Boss, ich sage, wo es lang geht!“ Dass du also Fakten schaffst und alle in ihre Ecken verweist, Urteile sprichst und das Ultimatum stellst. Damit verliest du alle.
Meine Strategie: Mich behutsam einmischen und nur zum gewollten Retter aufschwingen.
Was hingegen gut funktioniert, ist ...
- Mir die Situation genau anzusehen (statt direkt reinzugrätschen).
- Mir zu erschließen, worum es überhaupt geht (statt direkt ein Urteil anzumaßen).
- Also die Interessen zu beleuchten (statt bei den Standpunkten zu verharren).
Um mich dann respektvoll anzubieten, bspw. mit den Worten ...
- „Kann ich was tun?“ oder
- „Darf ich dazu etwas sagen?“ oder
- „Lasst mich mal teilen, wie das gerade von außen für mich aussieht?“ oder
- „Brauchen wir eine Pause, in der ihr beiden das mal unter vier Augen ausdiskutiert?“
Hauptsächlich, um den verengten Blick zu weiten oder der Spannung gar einen ganz anderen Raum zu geben. Behutsam freilich, damit ich nicht reingezogen, sondern willentlich als Schlichter nominiert werde. Oder sich die Streitparteien besinnen und ihren eigenen Weg finden.
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Was ist mit den anderen?
Die Gefahr und Chance ist natürlich da, dass sich bei all zu viel Beschaulichkeit deinerseits andere ‚Zuschauer‘ vor dir einmischen. Gefahr, dass dadurch alles nur noch schlimmer wird. Chance, weil sie mitunter bei den Konfliktparteien ein besseres/engeres/vertrauensvolleres Standing haben als du.
Was also auch funktioniert: andere zur Deeskalation einsetzen
So geschehen in einem meiner Trainings. 4 Tage. Offsite. Und ein Herr war einfach nicht in den Griff zu bekommen von uns beiden Trainern. Doch einer aus der Gruppe hatte einen guten Draht zu besagtem Herrn. Und ihn habe ich dann gebeten, sich seinen „Spetzl“ mal zur Seite zu nehmen und auf ihn einzuwirken. Mit Erfolg. Er konnte das erhitzte Gemüt wieder einfangen.
Wichtig ist, vor anderen keine Verlierer:innen zu hinterlassen.
Konflikte gehören dazu und sind ja Wegweiser zum Wachstum. Ich finde es daher unangemessen, jemanden zu verurteilen, weil er/sie jetzt da ein Fass aufmacht. Im Projekt ist mein Bemühen viel eher, eine Streitkultur zu fördern, die echtes Zuhören und Ausredenlassen gutheißt, persönliche Angriffe unterbindet und stattdessen neue Fragen stellt:
- Worum geht es wirklich?
- Was braucht eigentlich wer von wem?
- Was gibt es hier gerade zu lernen?
Um am Ende wieder zum gemeinsamen Nenner und verbindlichen Zielen im Projekt zurückzufinden. Und vor allem, den Konflikt nachhaltig einordnen zu können. Selbst wenn er im Moment noch nicht gelöst werden kann.
Und wenn alle Stricke reißen, biete dich als Opfer an.
Als Projektleitung hast du mitunter die Lage unterschätzt und kannst dich dafür entschuldigen, die Konfliktparteien in diese Situation gebracht zu haben. Oder zumindest anbieten, die Schuld bei dir zu suchen. Sitzt du fest im Sattel, schadet dir das nicht, denn das Angebot wird in der Regel abgelehnt und eigene Einsichten und Eingeständnisse werden ausgesprochen.
Oder dein Angebot die Schuld zu tragen wird dankbar angenommen, um sich dem eigenen Gesichtsverlust zu entziehen. Die Schuld wird dann kurzfristig dir zugeschoben. Und wem die Schuld gegeben wird, dem wird auch die Macht zugesprochen. Gut für dich! Ab hier kannst du wieder führen, um hinter den Kulissen im 1:1 dem wahren Grund auf die Schliche zu kommen.
Doch Obacht: Wenn du kein gutes Standing im Team hast, kann das richtig nach hinten losgehen und du stehst ganz schnell für alles Mögliche am Pranger. Also immer fleißig am eigenen Ruf und deiner Reputation arbeiten. Dann bist du als Schlichter immer gerne gesehen.
FAQs zu Konflikten im Projekt und Drama-Dreieck
1. Wie sollte ein Projektleiter bei Konflikten reagieren?
Projektleiter sollten Konflikte beobachten, die Interessen der Parteien verstehen, sich behutsam einmischen und Gesichtsverlust vermeiden.
2. Was ist das Drama-Dreieck im Projektmanagement?
Das Drama-Dreieck beschreibt die Rollen Opfer, Täter und Retter. Projektleiter:innen sollten vermeiden, ungewollt in unbeabsichtigte Rollen zu geraten.
Machteingriffe verstärken meist Fronten, schaffen Verlierer:innen und untergraben Vertrauen. Deeskalation und Dialog sind nachhaltiger.
4. Welche Fragen helfen in Konfliktsituationen weiter?
Fragen wie „Worum geht es wirklich?“, „Was braucht wer von wem?“ oder „Was können wir daraus lernen?“ öffnen den Blick und fördern das Denken in Lösungen.
5. Welche Strategien helfen zur Deeskalation im Projekt?
Respektvoll nachfragen, Beobachtungen teilen, Pausen anbieten oder vertrauensvolle Dritte einbinden – das wirkt deeskalierend.
Tipps, um Projektkonflikte nachhaltig zu lösen
- Beobachte erst, bevor du eingreifst; zu frühes Einschreiten kann alles verschlimmern.
- Stelle Fragen statt Urteile zu fällen, das weitet die Perspektive.
- Nutze die Kraft des Teams, denn manchmal haben andere eine bessere Verbindung zu den Konfliktparteien als du selbst.
- Fördere Streitkultur: Zuhören, ausreden lassen, persönliche Angriffe unterbinden.
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