Selbstorganisation in Teams fördern:
Was passiert, wenn die Projektleitung Verantwortung abgibt?
Was genau hast du als Projektleitung davon, dass ihr als Team selbstorganisiert seid?
Die klare und sehr einleuchtende Antwort eines Kunden:
„Dann sagen mir die anderen, woran ich nicht gedacht habe.“
Ich finde, viel besser kann man es kaum auf den Punkt bringen.
Denn wenn du nicht mehr die einzige, zentrale Person bist, bei der stets
alles zusammenlaufen muss, dann schafft das unglaublich viel Entlastung und Mental Space in deinem Projektalltag.
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Von der Spinne im Netz zum Dirigenten – Koordination und Kollaboration
Die Devise lautet, verteilter zu arbeiten. Was ja auch der Sinn der Arbeitsteilung in einem Projekt ist. Denn geht alles über deinen Tisch, wirst du für alle und alles zum Engpass.
Grundsätzlich lassen sich mehrere Ebenen unterscheiden, die den Grad der Selbstorganisation deines Teams einstufen und zeigen, DIE EINE Selbstorganisation gibt es nicht. Reflektier gerne mal für dich und dein Team ...
- Arbeitsebene:
Sind alle Projektbeteiligten frei darin, zu bestimmen, WIE genau sie ihre Aufgaben erledigen? Oder redest du ihnen da rein? Oder wer anders (z. B. Teamleitung)? Wenn ja, kann von Selbstorganisation keine Rede sein. - Status- und Fortschrittsebene:
Beurteilt das Team selbständig und gemeinsam den Fortschritt und die eigene Performance im Projekt, oder übernimmst du das? Oder ein Lenkungskreis? Wenn ausschließlich Letzteres, muss sich niemand über zu wenig Eigenverantwortung wundern. - Prozess-Ebene:
Wer darf Abläufe und eingesetzte Tools ändern, wenn sich herausstellt, sie bremsen das Projekt aus? Darf das dein Team selbst? Wenigstens innerhalb des Scopes eures Projekts? Oder benötigen sie Autorisierung von 3ten? Wenn Letzteres, dann darf sich niemand über mangelnde Agilität beschweren. - Orga-Ebene:
Darf das Team mitentscheiden, wie es sich am besten aufstellt? Darfst du es? Oder werden Ressourcen zentral nominiert und zugeteilt? Wenn Letzteres, ist klar, dass du ne Menge Überzeugungs- und Motivationsarbeit während der gesamten Projektlaufzeit leisten musst. - Ziele-Ebene:
Haben dein Team und du Einfluss auf die Zielsetzung, oder wurde das von außen vorgegeben und ist nun genau so 1:1 umzusetzen? Wenn Letzteres, dann wird sich dein Projektteam nie so richtig mit dem Projekt identifizieren. Dann bleibt es ein Job. Was okay ist. Es zeigt jedoch, wie weit Selbstorganisation gehen kann.
Job. Was okay ist. Es zeigt jedoch, wie weit Selbstorganisation gehen kann.
Selbstorganisation in vollem Umfang ... ist das immer erwünscht und sinnvoll?
Wichtige ist, dass du dir überlegst, wie du eigentlich in eurer Zusammenarbeit führen willst. Und kannst.
- Wovon bist du überzeugt, wie viel Freiraum deine Teammitglieder genießen sollten?
- Wie viel willst du dich auf welcher Ebene einmischen, um das richtige Maß an Kontrolle zu finden?
- Wie viel kannst du dem Team angesichts ihrer Skills und Erfahrungen überhaupt zumuten?
Mitunter führen dich die 5 Ebenen weiter oben zu der Erkenntnis, Selbstorganisation je Themenbereich in deinem Projekt zu differenzieren:
- Wo ist Auslegung okay?
- Wo wünschts du dir eigenverantwortliches Adaptieren je nach Situation?
- Wo gelten definierte Regeln, Absprachen, Vereinbarungen?
- Wer trägt wofür die Verantwortung?

Die Vorteile selbstorganisierter Teams liegen auf der Hand
Selbstorganisierte Teams sind flexibler, agiler, resilienter. Im Resultat nicht zwangsläufig, jedoch hoffentlich effizienter. Weil ein ganzes Powerhouse mitdenkt, an der Arbeit zieht, sich mit dem Projekt identifiziert, vorausschauender agiert, sich proaktiv einbringt und Verantwortung übernimmt, wann und wo es sie braucht.
Nehmen wir an, du arbeitest in einem Umfeld, in dem genau das gewünscht ist. Was kannst du dann ganz grundsätzlich tun, um die Selbstorganisation des Teams zu fördern?
3 Praxis-Tipps, um Selbstorganisation in Projektteams grundsätzlich zu fördern
- Verantwortung da lassen, wo sie hingehört, statt sie für alles auf dich zu nehmen
Folgende Situation kennst du wahrscheinlich auch: Teammitglied A kommt auf dich zu und bittet dich, mal mit Teammitglied B zu reden. Oder hat eine Frage, die Teammitglied B betrifft. Oder gibt nur dir Feedback zur Leistung der anderen.
Schlechte Reaktion: „Ich nehme das mit, kümmere mich drum, und melde mich.“
Gute Reaktion: „Habt ihr denn schon miteinander gesprochen? Wenn nicht, tut das und meldet euch gerne, wenn ihr zusammen nicht weiter kommt.“
Gleiches gilt für alle, die Probleme haben. Die laden sie nicht einfach bei dir als PL ab. Melden befreit nicht von der eigenen Pflicht und Verantwortung. Und die impliziert, sich nen Kopf zu machen und Lösungsvorschläge mitzubringen. - IT Tools (und wenn es Excel ist) clever für WIR-Botschaften nutzen
Spätestens nach dem letzten Beitrag haben dein Team und du jetzt hoffentlich ein zentrales Dokument mit dem Projektplan, auf das zudem alle zugreifen können. Quasi eure Landingpage für das Projekt. Super! Jetzt geh einen Schritt weiter:
Denn dieses Dokument ist euer Projektplan, nicht deiner. Es ist euer Projekt, nicht deins.
Und folglich sitzt ihr in euren regelmäßigen Team-Meetings zusammen und führt gemeinsam durch die Agenda. Wer etwas anbringen möchte, das für alle relevant ist, richtet sich auch selbst an das Team und macht nicht dich zum Stellvertreter bzw. Stellvertreterin für jeden Punkt auf der Agenda.
D. h. auch: Wer mehr Zeit für seine/ihre Tasks braucht, verteidigt das vor dem Team. Insbesondere vor den Schnittstellenpartner:innen, die vom Input abhängen. „We are in this together“ statt „Die Projektleitung soll entscheiden“. Und die gemeinsame Entscheidung dokumentiert ihr direkt in den Projektplan. - Steuern, nicht Kontrollieren
Selbstorganisation klappt sowieso nur, wenn deine Teammitglieder motiviert und kompetent sind. Und wenn dem so ist, ist Kontrolle Gift! Es spricht ihnen Kompetenz und Motivation ab und kommuniziert nur eines: „Ich vertraue dir nicht! Ich zweifle an deiner Motivation! Ich halte dich nicht für kompetent genug!“ ... und mische mich daher überall ein.
Besser: Fragen. Zuhören. Challengen. Auch selbst mal zugeben, dass du ihre Unterstützung brauchst. Bloß nicht glauben, du wüsstest alles. Demut steht PLs ungemein gut!
Kernbotschaft:
Einmischen/Intervenieren nur bei Abweichungen.
Gilt für mich, dich, uns alle, in allen Projekten.
Ergänzen lassen sich sicher noch Dinge wie gemeinsame Ziele, Klarheit auf allen Ebenen der Zusammenarbeit von Zweck des Unterfangens bis Orientierung bzgl. Deadlines und dem notwendigen Level an Transparenz bei der Kommunikation sowie verteilte Entscheidungsbefugnisse.
Oft stelle ich jedoch fest, dass das im Projektalltag too much „Meta-Ebene“ ist. Die 3 Tipps oben sollen dir dabei helfen, jeden Tag klar zu repräsentieren, mit welchem Selbstverständnis du auf welcher Ebene welchen Grad an Selbstorganisation einforderst. Und wo die Grenze ist, ab der du als PL und andere zwingend eingebunden werden müssen.
Selbstorganisation braucht in den meisten Unternehmen auch Grenzen
So wird dann auch ein hoher Grad an Autonomie nicht zu übertriebener Independence mit anarchischen Zügen i. S. v. „ich mache, was ich für richtig halte“ (aka „worauf ich Lust habe“).
In diesem Sinne: Viel Erfolg, lots of Mental Space und auf zur Brillanz!
Natürlich mit einem Team, dass Selbstorganisation als einen Modus betrachtet, in dem herausragende Ergebnisse und Dinge von Bedeutung möglich sind. Weil der Grad der Autonomie zum Skill Level und der gemeinsamen Ambition passt. Dann brauchst du dir um die Motivation deines Teams nämlich nicht mehr allzu viele Sorgen zu machen.

Q&A: Fragen rund um selbstorganisierte Teams
1. Wie etabliere ich ein selbstorganisiertes Team? / Wie kann man selbstorganisierte Teams in Unternehmen einführen?
Je nach Erfahrungsgrad der Teammitglieder ist die passende Ebene zu wählen, an welcher Stelle das Management greift und wie viel Verantwortung das Team bekommt.
2. Welche Rahmenbedingungen brauchen selbstorganisierte Teams?
Sie brauchen vor allem klar definierte Befugnisse, um entscheiden, gestalten, führen, ableiten und verantworten zu können. Und genau das, wer was wie darf, solltet ihr ganz konkret in den Rollenbeschreibungen verankern.
3. Welche Tools unterstützen selbstorganisierte Projektarbeit?
Entscheidend ist, dass ihr Transparenz zu den Zielen, Aufgaben, Prioritäten, Updates, Feedback und Entscheidungen habt.
Jedes Tool, das das ermöglicht, ist super, damit ein „Push and Pull“ an Aufgaben gleichzeitig möglich ist. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Jira und Confluence in Kombination sind dafür super geeignet. Aber auch die Microsoft-Tool-Welt hat alles im Gepäck. Beides ist sehr verbreitet – vielleicht nutzt ihr ja bereits was davon?
4. Was tun, wenn selbstorganisierte Teams nicht funktionieren?
Ihr solltet zuallererst die Gründe dafür erforschen. Wenn eine gute Basis mit Transparenz und Vertrauen gegeben ist, dann liegt es oft an der fehlenden Erfahrung, die jeweilige Rolle ausfüllen zu können. Dann muss das Team und seine Mitglieder erst dort hin entwickelt werden. Im Buch Moderne Zusammenarbeit findest du dafür ein hervorragendes Rahmenwerk mit 16 Erfolgsrezepten, um die notwendigen Strukturen zu schaffen.
5. Wie sieht die Rollenverteilung in selbstorganisierten Teams aus?
Meine Devise: Auf die 5 Ebenen verteilen, sofern alle relevant sind. Oder ihr legt für eure Organisation eigene bzw. passendere Ebene i.S.v. Verantwortungsbereiche fest. Wichtig: Klar und konkret definieren und verteilen. Zum Thema Verantwortungsbereiche habe ich mit Till eine Podcast-Folge aufgenommen. Hör gerne rein, wenn genau das für euch als Team grade wichtig ist:
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