I) Nachgehakt: Wie messe ich Team Spirit?
Du erkennst bereits am Titel der Folge: Hier ist etwas anders. Kein Hashtag. Zudem hat die zu diesem Skript gehörige Podcast-Folge auch kein Intro. und dann ist die Folge nicht mal 10min lang. Was ist los? Warum ist das so?
Nun, ich bekomme von euch regelmäßig Feedback auf die Podcastfolgen. Genauso wie vertiefende Fragen. Auf die ich immer gerne antworte. Und ab jetzt fließen diese Vertiefungen auch mit in den Podcast ein. Und zwar in kurzen, knackigen Folgen.
Unter dem Titel „Nachgehakt“.
In der letzten Folge #28 zum Thema Status-Review-Meeting und wie du in diesen brillierst ging es ja unter anderem um das Magische Dreieck im Projektmanagement. Es besteht aus Kosten, Zeit und Qualität. Welches ich um die vierte Dimension namens Team Spirit erweitere. Weil auch der in meinen Augen eine Größe ist, die es zu betrachten gilt, um zu beurteilen, ob ein Projekt erfolgreich ist.
In dieser Folge dreht sich nun alles darum: Wie messe ich Team Spirit?
Die Frage kam von Anja, die daran interessiert war, ob es da eine Skala gibt, die man wie bei Kosten, Zeit und Qualität auch nutzen kann, um Team Spirit zu messen und eine Art Trendanalyse daraus abzuleiten?
Team Spirit: Antwort und Impulse:
Ich könnte jetzt sagen „vertraue deinem Gespür.“ Doch Anja hat die Frage ja genau so gestellt, um (neben dem Bauchgefühl) eine Idee bzw. meinen Input zu haben, wie man den Team Spirit auch konkret und messbar ermitteln kann. Hier sind also meine Erfahrungen und Gedanken dazu.
- Da haben wir Nr. 1, den Klassiker aus dem Coaching: Die Skala-Bewertung von 0 – 10 (0=überhaupt kein Team Spirit vorhanden / 10=besser geht es nicht). Wir wägen mal gemeinsam Pro und Kontra dazu ab.
Ein Pro Argument ist, dass diese Skala offen lässt, was genau unter Team Spirit verstanden wird.
Warum ist das ein Pro? Weil es nicht einschränkt. Das heißt, jede:r kann seine eigene Interpretation und Erwartung anwenden. Du gibst mit der Fragestellung also nicht schon vordefinierte Dimensionen oder Teile der Interpretation & anschließenden Auswertung vor. Was das Ergebnis beeinflussen würde.
Kontra 1: Es gibt kein einheitliches Verständnis darüber was „Team Spirit“ ist (zumindest nicht vor ab). Daher kann die 6 bei dem einen die 8 bei dem anderen sein, obwohl beide gleich zufrieden oder unzufrieden sind. Du hast also eine Streuweite, die etwas bedeuten könnte –vielleicht aber auch überhaupt nichts bedeuten wird.
Daher Tipp 1: Mach aus dem Nachteil einen Vorteil und benutze die Einfachheit des Ansatzes. Frage nach der Bewertung von 1 bis 10. UND frage gleich hinterher, wo denn er oder sie auf derselben Skala die Messlatte hinlegen würde? Hat ein Teammitglied 6 bewertet und sagt 8 wäre super. Dann ist das Delta das, was entscheidend ist.
Kontra 2: Die Bewertung 0 bis 10, sagt nichts darüber aus, was du nun damit machst. Nehmen wir an, im Mittel liegt ihr als Team bei 5 und das Delta zwischen Realität und Anspruch beträgt 2 Punkte. Was nun? Darauf geben dir die Zahlen keine Antwort. Du weißt nur, dass da noch Luft nach oben ist. Aber nicht, was zu tun ist.
Daher Tipp 2: Kombiniere die Skala-Abfrage mit einer qualitativen Abfrage. Auch hier dient wieder der Klassiker solcher Fragen:
(a) Warum bist du schon bei bspw. 4 – was kennzeichnet den Team Spirit dort, was macht ihn aus, was schätzt du daran … und:
(b) Was fehlt bis zur 10? Oder, wenn du die Messlatte abgefragt hast: bis zur Messlatte. Sagen wir z.B. 8, weil diese Person 10 eh nicht für realistisch hält und nicht den Anspruch hat, dort zu landen, bzw. mit 8 vollkommen zufrieden ist.
Wenn dir das mit der Messlatte alles zu kompliziert ist, dann kannst du die 10 umbenennen in „genau so sollte es sein“. Dann ist 10 nämlich die Messlatte, die alle gleich ansetzten.
Wie gesagt: charmant an der 0 – 10 Bewertung ist, dass sie lediglich eine Denkrichtung vorgibt aber niemanden eine Interpretation von Team Spirit aufgezwungen wird. Alle sind frei, das Thema durch ihre ganz eigene Brille zu sehen und zu bewerten.
Das heißt jedoch auch: Ohne anschließenden Dialog macht die Methode keinen Sinn. Das Messen ist dann lediglich dein Einstieg in anschließende Einzelgespräche oder Workshops mit dem Team. - Eine Alternative dazu ist die Zielspinne. Im Gegensatz zur ersten Methode arbeitet sie mit konkreten Dimensionen. Der Diagrammtyp heißt übrigens Netzdiagramm.
Jeder Hauptfaden ist dann eine Dimension des Team Spirit. Und auch hier arbeitest du mit einer Skala, z.B.. 0 bis 5. Da brauchst du keine so feine Abstimmung, weil du ja mehrere Dimensionen für die Feinabstimmung hast.
Was es nun jedoch braucht, ist eine für alle gültige Definition davon, was als Team Spirit verstanden wird. Ich habe mal zwei Möglichkeiten und zugehörige Vorschläge für Dimensionen mitgebracht.
Hier kommt Nummer 1:
Dabei geht es um Dimensionen, die den Team Spirit direkt als Zusammengehörigkeitsgefühl aufgreifen, z.B.
(1) Stärke der Ausprägung des Gemeinschafts-Sinns / Wir-Gefühls
(2) Qualität der Beziehungen mit den anderen / wie gerne habe ich die anderen um mich herum?
(3) Mein eigenes Motivations-Level in Bezug auf das Gesamtprojekt
(4) Meine Zufriedenheit mit der eigenen Leistung, meinem eigenen Beitrag
(5) Zufriedenheit mit der Gesamtleistung des Teams
(6) Sinnhaftigkeit des Gesamtprojekts
(7) Sinnhaftigkeit der eigenen Tätigkeit
(8) Das eigene Energie-Level (kann ich mehr investieren, wenn ich wollte?)
(9) Wie sehr glaube ich von der Zusammenarbeit mit den anderen zu profitieren (Wir gut ergänzen wir einander?)
(10) Wie sehr verbindet euch die gemeinsame Aufgabe
(11) Wie sehr bin ich bereit, meine eigenen Interessen dem Gesamtinteresse des Teams unterzuordnen
(12) wie sehr identifiziere ich mich mit dem Team
Wie gesagt, das sind nur Vorschläge: Egal welche Dimensionen du einführst, mein Tipp: Mach es nicht zu abstrakt, benutze die normale Umgangssprache bzw. Alltagssprache – so wie ihr euch auch in einem direkten Gespräch ausdrücken würdet.
Und du siehst, das ist alles sehr subjektiv. Wir versuchen jetzt durch das Messen, also mit den Skalen, zu objektivieren.
Daher meine Kernbotschaft:
Kernbotschaft
Eine Messung, ersetzt keine Gespräche im Vertrauen. Vertrauen aufzubauen geht nicht damit, dass wir etwas auf einer Skala von 0 bis 10 oder mit Smilies bewerten. Wir haben uns ja in der Podcast-Folge #18 über die Vertrauensformel unterhalten. Entscheidend in unserem Kontext ist jetzt der aufrichtige, offene Dialog nach dem Messen. Und vor allem die konsequente Umsetzung der abgeleiteten Handlungsempfehlungen im Anschluss an den Dialog.
Da ich ja von zwei Vorschlägen für das Netzdiagramm sprach, hier noch ein zweiter Vorschlag, welche Dimensionen dein Netzdiagramm haben kann.
Und hier Nummer 2
Mit Team Spirit können auch eher Abläufe und der Umgang miteinander gemeint sein, die den Gemeinschaftssinn eher indirekt aufgreifen. Dann könnten mögliche Dimensionen sein:
(1) Die Bürosituation bzw. Stimmung dort, also: Wie gut kommen wir miteinander aus?
(2) Wie effizient laufen Meetings ab?
(3) Liegen Arbeitsergebnisse rechtzeitig vor?
(4) Passt die Qualität der Zuarbeit?
(5) Wie gut wird untereinander kommuniziert?
(6) Wie regelmäßig wird Feedback gegeben?
(7) We wertschätzend wird damit umgegangen?
(8) Wie wahrscheinlich wird mir geholfen, wenn ich Unterstützung brauche?
(9) Wie viel besser sind die Ergebnisse, die gemeinsam erarbeitet werden im Vergleich zur Solo-Arbeit?
Auch hier ist das Salz in der Suppe … du ahnst es schon: Es sind die Kommentare und der Dialog, die qualitativen Aussagen hinter den Zahlen. Und daraus definiert ihr dann auch eure Take Aways, eure Maßnahmen, die ihr ableitet.
Und wenn du und dein Team, wenn ihr euch damit arg schwer tut, dann bemüht ein Gleichnis aus dem Sport. Wenn wir ein Fußballteam wären, wie gut ist die Qualität der Zuarbeit (wie gut also sind die Pässe). Setz da einfach die aufgeführten Dimensionen ein.
Wie oft misst du am besten den Team Spirit?
Pauschal ist das nicht zu sagen. Daher empfehle ich „regelmäßig“ und immer wenn du spürst, dass da was im Busch ist. Ich habe dir auf jeden Fall eine Vorlage für so ein Netzdiagramm, oder die Zielspinne wie ich sie nennen, in die Shownotes gepackt.
Wenn du Fragen zu einer meiner Folgen hast, nicht zögern. Ich freue mich über diese Form des Dialogs. Oft führt dieser Austausch dazu, dass wir einander gegenseitig bereichern.
Und damit auf zur Brillanz!