Podcast-Folge #12
4 Wege, wie du mit Risiken umgehen kannst

#12 Clever mit Risiken umgehen – Deine 4 Möglichkeiten

In Folge #9 (Frontloading) habe ich provokativ postuliert „There is no glory in preparation, only in execution“. Eine gute Vorbereitung mag dir vielleicht weder Ruhm noch Ehre einbringen. Doch genau der Part ist es, der dich nachts besser schlafen lassen wird.


Eine gute Vorbereitung bedeutet häufig, dass du stabil aufgestellt bist und wird dir und deinem Team sehr viel wahrscheinlicher eine stressfreiere Umsetzung ermöglichen.

Genau deshalb schauen wir uns beide jetzt auch wie versprochen die in Folge #9 erwähnten sieben Schritte zur sauberen Planung genauer an.
Diese Folge heute wird sich um Schritt 1, die Risikoanalyse und Risikobewertung drehen.

Es gibt immer 4 Wege, wie du mit Situationen umgehen kannst

Wir beantworten heute folgende Fragen:


1. Wie identifizierst du Risiken?
2. Wie analysierst und bewertest du sie?
3. Welche vier Risikostrategien gibt es, die du je nach Art und Bewertung des Risikos anwenden kannst?

Denn so viel vorweg: Es gibt immer (wirklich immer) genau vier Möglichkeiten, um mit egal welcher Situation umzugehen.

4 Wege, um mit egal welcher Situation umzugehen

Diese vier Möglichkeiten kommen nicht von mir und auch nicht aus dem Projektmanagement, sondern aus der Psychologie. Fritz Riemann, ein Mitte des 20. Jahrhundert wirkender deutscher Psychoanalytiker, Psychologe und Therapeut, hat diese in seinem Buch „Die Grundformen der Angst“ beschrieben.

Heute gehört dieses Buch zu DEN Grundlagen-Werken der Psychologie. Ich verlinke den Buchtipp, denn in meinen Augen sollte es jede/r in seinem bzw. ihren Leben gelesen haben. Go for it – sofern du daran interessiert bist deine Persönlichkeit weiterzuentwickeln. [Unbeauftragte Werbung]

Was hat das alles mit Risiken in deinem Projekt zu tun?

Das erschließen wir uns jetzt gemeinsam. Erinnern wir uns, wo du jetzt in deinem Projekt stehst. Dem Roten Faden hier im Podcast folgend hast du deine Arbeitspakete aus dem Projektstrukturplan so genau wie möglich beschreiben

Konkret meine ich damit:

Deine Arbeitspakete aus dem Projektstrukturplan

  • Das Ergebnis
  • Wenn nötig einzelne Arbeitsschritte
  • Schnittstellen zu anderen Arbeitspaketen (also Vorgänger-/Nachfolgerbeiziehungen)
  • Benötigte Ressourcen & Kompetenzen (also Fähigkeiten und Knowhow, derer es bedarf)
  • Etwaige Annahmen und relevante Rahmenbedingungen (sogenannte Prämissen)


Das Ziel, das du und dein Team damit verfolgen, ist eine möglichst genaue Schätzung des Aufwands, der benötigten Ressourcen und der Dauer treffen zu können, um es auf der Zeitleiste eintragen zu können. Anschließend überlegt ihr, wer daran arbeiten soll.

Du kennst das bestimmt: In solchen Gesprächen rund um Aufwand und Prämissen kommt unausweichlich ein „JA ABER!“ oder in der Langform „Ja aber was ist, wenn dies und das eintritt?“. Solch Sätze fangen auch gerne an mit „Nehmen wir aber mal an, dass …“ → Und zack bist du bei den Risiken.

„Was wäre wenn“-Gedanken sind ein ganz normaler Reflex und im Prinzip ein super Zeichen, dass mitgedacht wird. Mehr noch. Dass vorausgedacht wird. Dass bereits gemachte Erfahrungen einfließen. Dass Parallelen zu ähnlichen Projekten gezogen werden. Dass sich das Team mit der Materie beschäftigt.

Und das willst du dir zunutze machen, um deine Risikoanalyse vorzunehmen.

Risikoanalyse

Wie gehst du vor? Die Reihenfolge ist immer gleich:

Schritt 1 – Identifizieren (da bist du dank der losgetretenen Diskussion schon mittendrin)
Schritt 2 – Bewerten
Schritt 3 – Analysieren
Schritt 4 – Risikostrategie ableiten (also wie ihr mit dem Risiko umgehen wollt)
Schritt 5 – Aktivitäten zum Mitigeren des Risikos ableiten

Stopp! Was? Mitigieren?

Genau das ist der Kardinalfehler Nummer 1 im Umgang mit Risiken. Sobald jemand etwas von Risiken in eurem Projekt hört, will er oder sie häufig sofort wissen, wie ihr es denkt zu bekämpfen, was ihr also dagegen tut. Ich sage an der Stelle mal ganz provokativ: Deine Antwort kann durchaus lauten „Nichts! Wir machen da rein gar nichts“.

Okay, so losgelöst ist das ganz sicher nicht populär und so machst du dich garantiert nicht beliebt. Das gebe ich zu. Wie komme ich also darauf?

Um da hin zu kommen, zäumen wir das Pferd von vorne auf, gehen also richtig herum an die Sache ran.
Wie gesagt:

  • Erst identifizieren, dann bewerten, dann analysieren.
  • Und erst wenn das geschehen ist, dann definieren wir, wie du damit umgehst, ob und was du damit machst.

  1. Das Identifizieren der Risiken ist leicht erklärt. Du kennst sicher verschiedenste Formen von Brainstorming? Also das Sammeln genau der Dinge, die schon in den Köpfen deines Teams und deiner Stakeholder sind. Identifiziert also gemeinsam im ersten Schritt die Risiken.

    Meine Empfehlung: Bei allem Teamgedanken, gib jeder:m in deinem Team etwas Zeit, um sich selbst Gedanken dazu zu machen (in ihrem/seinem eigenen Tempo). Haben sich alle individuell die Risiken notiert, die sie im Projekt sehen, geht ihr gemeinsam ins Plenum. Dort tragt ihr alle Beiträge zusammen, stellt sie vor, diskutiert und schaut, ob ihr gemeinsam auf noch weitere Risiken kommt.

    Damit wäre die Identifikation vorerst abgeschlossen. Vorerst, weil natürlich im Laufe des Projektes neue Risiken sichtbar werden können. Mit denen geht ihr dann ebenfalls genau so vor, wie wir es hier durchgehen.

  2. Der nächste Schritt ist dann die Bewertung. Und hier habe ich dir wieder ein Modell, genau genommen eine Matrix, mitgebracht. Die Risiko-Matrix. Ihr als Team vergleicht anhand dieser Matrix (hier geht es zum PDF zum Download) alle Risiken und tragt sie auf der Skala von 0 bis 10 bzgl. des zu erwartenden Schadens im Eintrittsfall ein. Und ihr überlegt euch gemeinsam, wie wahrscheinlich es denn ist, dass dieses Risiko überhaupt eintritt. Das sollte sich recht intuitiv anfühlen.

  3. Nun beginnt die Analyse. Auch die ist schnell gemacht, denn es gibt einen Bereich, in dem du ganz sicher keine Risiken haben willst. Richtig, ganz oben rechts in der Matrix. Maximaler Schaden, absolut sichere Eintrittswahrscheinlichkeit.

    Wohingegen Risiken ganz unten links wahrscheinlich nicht mal ein leichtes Prickeln bei dir und deinem Team auslösen. Nun liegt es an euch, zu entscheiden, wo genau zwischen diesen beiden Extremen ihr die Grenze zieht. Denn du willst dich ganz sicher nicht mit allen, sondern nur mit den Top-Risiken beschäftigen. Deine Analyse ist also auch ein Filter nach den wirklich wichtigen Risiken.

    An der Stelle eine Ergänzung: Deine Risikomatrix zeigt keine Dringlichkeit. Die zeitliche Nähe des Risikos ist eine weitere Betrachtungsdimension.
    Die Fragen hier sind dann: Wenn es eintritt, wann wäre das denn? Heute noch, nächste Woche? Oder doch erst in einem Jahr? Dann brauchst du dich heute wahrscheinlich noch nicht damit beschäftigen und legst dir das auf Wiedervorlage.
    Für deine Analyse bedeutet das, dass du deinen Fokus auf die Top-Risiken wahrscheinlich noch weiter erhöhen kannst.

  4. So schnell sind wir schon bei Schritt vier und den jeweils passenden Risikostrategien, die du nun anwenden möchtest.

Vier Risikostrategien

Wie wollt ihr als Team also mit den TOP-Risiken umgehen? Und da sind wir bei den eingangs erwähnten 4 Möglichkeiten, die du hast, um auf egal welche Situation einzugehen.

  • Nummer1: Das Risiko vermeiden.
    Im Englischen würdest du sagen AVOID. Wie machst du das? Nun, indem ihr bspw. den Scope ändert und sagt: „Nein, den Teil klammern wir aus dem Projekt aus, weil es das Potential hat, alles zum Scheitern zu bringen.“ In ganz extremen Fällen beschließt ihr, das gesamte Projekt einzustellen. Alles schon vorgekommen. Wobei ihr dann sicher vorher noch einmal eine ganz detaillierte Analyse fahren werdet, um die Entscheidung nicht auf falschen Prämissen zu treffen.

  • Risiko-Strategie Nummer2: Nichts tun und akzeptieren.
    Das ist wahrscheinlich die Strategie, die am häufigsten übersehen wird. Tatsächlich ist nichts zu tun aber eine durchaus valide Strategie. Ihr akzeptiert schlichtweg, dass es so ist, wie es ist und so kommen wird. Und tut nichts dagegen. Wahrscheinlich betrifft das mindestens die Risiken in deiner Matrix ganz unten links. Was ihr maximal wirklich tut, ist Monitoring – also beobachten, ob sie sich über den Zeitverlauf des Projekts zum Problem aufschwingen und was dies auslösen könnte. Aktiv tut ihr nichts, das entweder die Eintrittswahrscheinlichkeit reduzieren oder die negativen Auswirkungen in Grenzen hält.

  • Das würdest du beim Mitigieren tun. Der Strategie Nummer3:
    Wie am Anfang erwähnt, ist das die Standardantwort. Da ist ein Risiko? Dann tu doch was! Und genau das bedeutet mitigieren – ihr versucht durch geeignete Maßnahme darauf einzuwirken, dass das Ereignis weniger wahrscheinlich bis gar nicht eintritt und/oder dass es, wenn es eintritt, nicht so viel Schaden verursacht.
    Wie du siehst: Die beiden Achsen in deinem Diagramm bieten dir da eine super Orientierung. Und für deine Top-Risiken fällt dir mitunter gleich schon etwas ein, was du oder ihr tun könntet. Du versuchst also, die Ding deinen Wünschen entsprechend zu verändern.
  • Möglichkeit Nummer4: Du erkennst in dem Risiko ein Muster, eine Regel. Du weißt, es lässt sich nie gänzlich vermeiden und irgendwie tritt das Risiko auch in jedem Projekt wieder auf. Egal was ihr macht. Dann heißt deine Strategie „Transfer“. Wenn ihr nichts daran tun könnt, verschiebt/transferiert das Risiko.

Die beiden Klassiker beim Transferieren sind Auslagern oder Versichern.

Die beiden Klassiker beim Transferieren sind Auslagern oder Versichern. Wie, was? Hier ist ein Beispiel, dann kannst du es dir bildlich vorstellen:
Du organisierst einen Lieferanten, der den Part übernimmt und besser beherrscht, weil es bspw. nicht eure Kernkompetenz ist und auch nie werden wird. Oder ihr versichert euch gegen den Schaden, weil bspw. eh höhere Gewalt im Spiel ist. Das ist also wie im echten Leben auch. Denk mal an deine Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung oder die Hausrat, die deine Wertsachen zuhause vor Diebstahl schützt. Oder die Auslandskrankenversicherung.

Noch ein griffiges Beispiel für den Falle, dass du etwas an einen Lieferanten auslagern möchtest. Auch aus dem Alltag. Wenn das Dinner mit den Schwiegereltern droht, zum Desaster zu werden, weil ihr zwar kochen könnt, die Bude aber niemals so aufgeräumt sein wird, wie es sich für einen Vorzeigeschwiegersohn oder die Vorzeigeschwiegertochter gehört, dann geht eben in ein schickes Restaurant. Dieser Tipp mit einem Augenzwinkern. Es zeigt jedoch sehr gut, was transferieren bedeutet. Nun ist das Restaurant in der Pflicht, für gutes Essen und das passende Ambiente zu sorgen.

„Definiert Maßnahmen, um Risiken zu beherrschen.

  • Und damit haben wir Schritt 5 schon erschlagen: Die Maßnahmen definieren, die ihr gedenkt zu tun, um die Risiken zu beherrschen.

Kernbotschaft:

Wie du siehst ist Mitigieren nur eine von vier Strategien, um Gegenmaßnahmen abzuleiten. Diese Erkenntnis wird dir viel Zeit sparen.


Denn stell dir vor, neben den Arbeitspaketen in deinem Projekt kommen nun noch weitere Arbeitspakete zum Bekämpfen aller Risiken hinzu. Du wirst schlichtweg nicht mehr fertig und arbeitest ganz schnell nur noch an Risikoplänen und Maßnahmen – und nicht mehr am eigentlichen Projekt.

Welche Kardinalsfehler du vermeiden möchtest

Vermeide also den Kardinalfehler Nummer 1 im Umgang mit Risiken. Denn:

Nicht auf jedes Risiko muss man sich mit aller Macht stürzen und es niederringen. Insbesondere nicht, wenn ihr eine saubere Bewertung und Analyse vorgenommen habt.

„Nicht auf jedes Risiko muss man sich mit aller Macht stürzen und es niederringen. Insbesondere nicht, wenn ihr eine saubere Bewertung und Analyse vorgenommen habt.

Okay, vielleicht ist es Kardinalfahler Nummer 2. Denn oft wird die systematische Risikobetrachtung gänzlich ausgelassen. So gesehen bist du nun schon zwei Schritte voraus. Top!

Und das gibt dir dann auch Stoff in der Argumentation mit deinem Kunden, den Auftraggeber:innen und dem Management – nach deiner Aussage, dass ihr „nichts, rein gar nichts“ mit dem Risiko tun werdet. Und es entsteht sicher kein falscher Eindruck mehr – eher der, dass du und dein Team die Dinge im Griff habt.


Resümee:


Fassen wir noch einmal zusammen: Du weißt nun, wie du systematisch und strukturiert Risiken identifizierst, bewertest, diese Bewertung analysierst und welche Strategien es dann im Umgang mit ihnen gibt.

Risiken und Chancen

Du magst dich schon gefragt haben: Vor lauter Risiken, wo sind denn die Chancen?
Das ist ein super wertvoller Gedanke. Chancen werden in der Projektmanagement-Standardsprache als „positive Risiken“ bezeichnet. Du kannst mit ihnen also in derselben Systematik verfahren. Und häufig sind sie ja inhaltlich stark aneinandergekoppelt.

So gesehen ist diese Folge eine Art magische Doppelfolge. Wenn du sie dir angehört hast und mit den Risiken durch bist, höre sie noch einmal an und ersetze das Wort Risiko durch das Wort Chance. Und zack, versprüht der Podcast all seine Magie in dein Projekt. ?

Ok, zwei Unterschiede gibt es schon. Wenn du dir nochmal deine Risikomatrix anschaust, auf welche würdest du dich zuerst stürzen? Auch die oben rechts? Eher nicht. Viel cooler wäre es, wenn sie oben links wären, also eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit haben und möglichst keine Auswirkungen auf dein Projekt. Quick Wins, Low Hanging Fruits. Nennt es wie ihr wollt, auf jeden Fall sind die sehr attraktiv im Vergleich zu denen, die viele Auswirkungen mit sich bringen.

Chancenstrategien

Der zweite Unterschied ist wie ihr die Risikostrategien, in dem Fall Chancenstrategien, benennen wollt.

  • Aus Transfer wird Share, also teilen – damit auch andere davon profitieren.
  • Aus Mitigieren wird Enhance, also Verstärken – um den Nutzen zu maximieren.
  • Accept bleibt Akzeptieren.
  • Und aus AVOID wird Exploit – also Ausschöpfen so lange es geht.

Wo du das alles ablegst? Ganz ehrlich, in den meisten Fällen genügt eine einfach Excel. In Folge #11 (Terminplan Vorlage) erfährst du beispielsweise, wie du deine Risikoanalyse in den Terminplan integrierst. Oder Visual Boards funktionieren auch gut, wenn du und dein Team an einem Ort zusammenarbeiten.

Doch wie weißt du, ob dein Board, deine Liste vollständig ist? Die Wahrheit ist: Sie wird es wohl nie sein. Es können immer unvorhergesehene Dinge passieren. Und manche Dinge lassen sich auch nur schwer erkennen oder messen oder schleichen sich ein und werden erst über die Zeit wahrnehmbar. Deshalb wiederholen du und dein Team diese Identifikation, Bewertung und Analyse in regelmäßigen Abständen.

Der Schlüssel zum Erfolg einer hochwertigen Risikoanalyse ist ganz sicher die Stätigkeit und ein diverses, crossfunktionales Team.

Auch hier siehst du wieder, wie wichtig es ist, dein Team und wichtige Stakeholder eng einzubeziehen. Wenn du Folge #5 dazu noch nicht kennst, die passt super dazu.

In der nächsten Folge #12 wird es um den Netzplan gehen. Also Abgängigkeiten zwischen Arbeitspaketen. Natürlich darf da der berühmte kritische Pfad nicht fehlen. Das wird super spannend.


Bis dahin will ich dich noch auf ein Webinar-Format hinweisen, das ich dir hier auch verlinkt habe. Es heißt „Entfesselungskunst im Projekt“ und beschäftigt sich mit den 7 + 1 Dingen, die dir i. d. R den Weg zum erfolgreichen Projekt versperren. Darin wird der Unterschied klar zwischen denen, die Erfolg haben und denen die scheitern. Das darfst du nicht verpassen.

Das Webinar findet online statt und live. Und es ist für dich kostenfrei. Melde dich also jetzt gleich an und in der Zwischenzeit gutes Gelingen mit deinen Risiken und Chancen im Projekt.

Auf zur Brillanz!

Chris

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