Wie kann man Betroffene zu Beteiligten machen?
Beispiele für erfolgreiche Stakeholder-Einbindung
Was glaubst du, ist eine der größten Herausforderungen im Projektmanagement?
Viele Methoden und Tools sind super und auch schnell ein- bzw. umgesetzt. Der Klassiker ist das Gantt-Chart bzw. eine Timeline oder auch euer Kanban-Board. Richtig knifflig wird es jedoch, wenn es sich um große Projekte handelt, in denen richtig viele Leute zu beteiligen sind.
Bei dir sind das vielleicht 300 User, die ein neues Tool bekommen und dann auch nutzen sollen, 5 Ressorts einer SAP-Einführung oder 13 Wertströme einer Qualitätsoffensive.
Wie machst du da alle Betroffenen zu Beteiligten?
Ich teile heute mal 4 verschiedene Herangehensweisen aus folgenden Beispielprojekten, an denen ich mitwirken durfte:
- Einem 4,2 Milliarden Entwicklungsprojekt, in dem über 3 Jahre über 3.000 Entwickler an 13 Standorten einbezogen werden sollen.
- Einem IT-Projekt, das Daten aus 3 Ressorts und fast 200 Märkten weltweit verknüpft, um diese in Berichtsform tausenden Händlern zur Verfügung zu stellen, die ihre lokalen Kunden gezielter beraten wollen.
- Einer Prozessinitiative über 3 Geschäftsbereiche, in denen zusammen gut 1.000 Leute arbeiten.
- Einer Neuproduktentwicklung, die Stück für Stück in über 15 Ländern gelauncht werden soll, jedoch auch spezifische Marktbesonderheiten berücksichtigen soll.
Die Herausforderung war stets: Wie skalieren unsere Abläufe, Methoden und Tools angesichts so vieler Betroffener?
Auf der einen Seite, haben dein Projektteam und du nur begrenzt viel Zeit. Mit allen zu sprechen ist i. d. R. nicht realistisch. Und wahrscheinlich auch nicht gewollt, denn die Betroffenen haben ja alle einen regulären Job. Dein Projekt soll sie nicht stören und ressourcenschonend für die Organisation vonstattengehen.
Fragmentieren ist da sicher die übliche Herangehensweise:
Du definierst also Key User oder/und rufst eine Sounding Gruppe ins Leben. Das Ziel ist, dass die Betroffenen als Zielgruppe gruppiert und durch Repräsentanten vertreten sind. Diese Repräsentanten wirken dann mit und sind das Sprachrohr ins Projekt. Und über sie hast auch du gleichzeitig ein Ohr an der „Basis“.
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Doch was gibt es noch für Möglichkeiten?
Speziell, wenn du möglichst viele (oder gar alle) an einen Tisch bekommen möchtest. Denn der Weg über die Repräsentanten ist oft nur ein Kompromiss. Nehmen wir an, du willst mehr. Du willst es genau wissen. Alle Betroffenen die willens sind, systematisch und gezielt einbinden, abholen und wertvolles Feedback für eure Projektergebnisse einfahren.
Schauen wir die 4 Projekte oben an, und wie wir da jeweils vorgegangen sind:
1. Kostproben
Im Studium habe ich beim Wort „Degustationen“ noch geschmunzelt. Verkostungen, ja klar! Bei Danone war es plötzlich Realität und in vielen anderen Projekten habe ich das Prinzip dann adaptiert. Gib den Betroffenen doch regelmäßig Kostproben!
Dabei muss es nicht zwingend der neue Joghurt sein, der nach einer Blindverkostung am Tablet hinsichtlich Geschmack, Süße, Geruch, Textur etc. gegen andere eigene Entwicklungen und den Wettbewerb verglichen und bewertet werden muss.
Nenn es einfach Kostprobe, bereite die relevanten Fragen vor, lade die Betroffenen zu 30 Minuten ein, zeige ihnen, was ihr „gebaut“ habt und verarbeite anschließend das Feedback. In der IT heißt es dann A/B-Testing. Woanders sind es Baumuster-Besichtigungen. Die Automobiler nennen es (Sneak-) Preview. Genau wie die Gastro. Wie im Kino – was es vielleicht auch sexy macht – die Leute sollen ja kommen. 😉
2. VR-Room
Überall, wo gebaut wird, geht am digitalen Zwilling nix vorbei. Stell dir vor, dein Produkt ist digital begehbar. In einem VR-Room. In 3D. Und du mitten drin. Zum Greifen nahe. Und alle Betroffenen können dazu kommen, auf dein Holodeck.
Das klingt natürlich erst mal nach mehr Aufwand, das extra digital abzubilden. Gleichzeitig wird es dadurch jedoch sehr früh greifbar, buchstäblich zugänglich, spart etwaige Werkzeugkosten für Prototypen und macht obendrein richtig Spaß. Nicht irrelevant, schließlich willst du ja mit deinem Projekt Begeisterung wecken.
Ja und wenn es erst mal digital abgebildet ist, kannst du super easy Hunderte, Tausende Leute einladen, sich das (von wo auch immer) anzuschauen. Geht auch ohne VR-Brille am Bildschirm. Als wäre es ein Computerspiel. Auf das dir dann alle Feedback geben können.
3. Sandbox
Bleiben wir beim Spielen. Im oben beschriebenen Data-Cube/Data-Mining-Projekt haben wir Interaktive Dashboards gebaut. In denen konnten in einer Art Sandbox beliebige Daten zusammengeführt und ausgewertet werden. Statt Reports und KPIs vorzugeben, konnten die Anwender alles customizen. Aus den Dashboards, die sie gebaut haben, haben wir dann Use-Cases abgeleitet.
Im Wesentlichen haben wir nur die Neugier geweckt. I. S. v. wenn du alle Daten hättest, was würde dich interessieren und was machst du dann mit den Ergebnissen für deine Arbeit? So haben wir von den Anwendern gelernt und auch Feedback zum Sense-Check der Daten bekommen und konnten die Quelldaten validieren.
Das Prinzip des Experimentierens und so ein quasi-Labor-Gedanke lassen sich womöglich auch leicht auf dein Umfeld übertragen. Denk mal drüber nach. Denn auch hier gilt: Es ist sexy!
4. Orga-Pyramide
Abschließend noch ein Klassiker. Die Workshopserie, die über die verschiedenen Hierarchiestufen hinweg skaliert. In der Prozessoffensive z. B. haben wir ganz oben in der Orga-Pyramide mit der Bereichsleitung und den Hauptabteilungsleitern angefangen. In einem ersten Workshop wurden Prozesslandkarte und Leitbild entwickelt. Das haben wir dann sukzessive heruntergebrochen.
Heißt: Mit den jeweiligen Hauptabteilungsleiter:innen sind wir in den nächsten Workshop. Zusammen mit deren Abteilungsleitern, und haben Prozesslandkarte und Leitbild weiter heruntergebrochen. Dann haben wir uns die Abteilungsleiter geschnappt und sind mit deren Gruppen- und Teamleitungen in den Workshop. Und am Ende ging es mit denen bis auf die Ebene, die kein Personal mehr verantwortet.
So haben wir am Ende tatsächlich mit allen auf allen Ebenen gesprochen. Und alle haben Veränderungssteckbriefe für ihren Scope geschrieben. Das hat natürlich gedauert und musste auch wieder aggregiert werden, damit alles ineinandergreift. Doch die Arbeit hast du am Ende eh. In dem Fall ganz transparent und systematisch. Und vor allem: eigenverantwortlich.
In einem großen Event haben wir darauf zuvor alle eingeschworen. Mit Keynote Speaker und allem Drum- und Dran. Das war spannend, hat richtig Spaß gemacht und Eindruck hinterlassen. Dahingehend, dass allen klar war „Wir wollen, dass ihr ein Teil davon sein könnt“!
Jetzt bist du dran: Was resoniert mit dir?
Wie ziehst du die Betroffenen an und rein in dein Projekt, um sie zu Beteiligten zu machen? Welche Türen kannst du öffnen? Wie einladen, sich gezielt in deine Welt zu begeben und wertvolles Feedback dazulassen?

FAQs zum Thema „Kostproben im Projektmanagement“
1. Was sind „Kostproben“ im Projektmanagement-Kontext?
Kostproben sind kleine, geplante Feedbackrunden, in denen Stakeholder Zwischenergebnisse sehen, testen oder bewerten können. Vergleichbar mit Reviews oder Demos in agilen Projekten.
2. Wie oft sollte man Kostproben durchführen?
Am besten regelmäßig nach jedem Meilenstein oder Projektabschnitt (also etwa alle 4–6 Wochen). So bleibt das Team nah an Stakeholdern und reduziert Missverständnisse.
3. Was ist der Nutzen von Kostproben für die Projektleitung?
Sie fördern Vertrauen, sorgen für Transparenz und stärken die Führungskompetenz der Projektleitung, weil Entscheidungen auf gemeinsamer Basis getroffen werden.
4. Wie kann man Kostproben dokumentieren?
Einfach im Decision Log oder im Projektboard erfassen, inklusive Datum, Feedback-Zusammenfassung und beschlossener Maßnahmen.
5. Was tun, wenn Stakeholder keine Zeit oder Lust auf Kostproben haben?
Dann hilft es, den Nutzen klar zu kommunizieren – etwa, dass spätere Korrekturen teurer und zeitaufwändiger wären. Alternativ kannst du Video-Demos oder Mockups schicken.
💡 Mein Tipp für dich
Tipp: Plane in jedem größeren Projektabschnitt eine „Kostprobe-Session“. Das kann eine Demo, ein Review oder ein Walk-Through sein ... Hauptsache, es macht das Unsichtbare sichtbar.
Du hast noch Fragen, einen Spezialfall vorliegen oder möchtest dich mit mir austauschen? Keine falsche Scheu, klick gerne in meinen Kalender rein und vereinbar einen kostenlosen Ersttermin mit mir. Oder schreib mir eine Mail an chris(at)pm-botschaft.com.




