Krisenmanagement im Projekt; Projekte aus der Krise führen
Hast du schon mal ein Projekt in Schieflage gedreht? Ein Projekt aus der Krise gesteuert?
Firefighting im Projekt: Wenn Projekte in den Task-Force-Modus wechseln (Die Projektleitung als Krisenmanager)
Im letzten Blogbeitrag ging es um die verschiedenen Facetten der PL-Rolle. Wie konnte ich da den/die Krisenmanager:in vergessen?
Vielleicht, damit wir heute gemeinsam beleuchten können, worauf es ankommt, wenn du mit deinem Projekt in die Krise schlitterst und ihr in den Task-Force-Modus wechseln müsst.
In meinem Podcast habe ich mich dem Thema schon mal recht ausführlich gewidmet. Da findest du eine Schritt-für-Schritt-Checkliste, um aus der Krise zu kommen und daraus gestärkt hervorzugehen. Hier geht es zur entsprechenden Episode und dem Skript.
Weil da also schon ein Haken dran ist, teile ich eine Fuck-up-Story von mir und die Learnings daraus.
How To Projektkrise erfolgreich meistern. Ich teile eine Fuck-up-Story und die Learnings daraus mit dir.
Hier also, wie ich zum 1. Mal mit meinem Projekt in die Krise geraten bin. Und was ich dabei alles falsch gemacht habe. Es war nicht immer leicht, dabei das Lächeln nicht zu vergessen.
1. Projekt in der Krise: Die Glocke überhaupt schlagen hören
Meine größte Challenge war die Einsicht! Also überhaupt erstmal (an)erkennen, dass mein Projekt in der Krise steckt. Denn Einsichten sind manchmal wahnsinnig unbequem.
Die Glocke schlug einst meine Chefin aus Paris. Es war an meinem Geburtstag. Ich sitze im Office in München. Da kommt ihr Anruf: „Chris, du musst sofort ins Werk nach Belgien fliegen!“
Mit keinem Wort erwähnte sie meinen Geburtstag. Keine Gratulation. Meine affektive Reaktion? Klar: Innerlich war ich angepisst.
Sie schildert kurz und knapp, was überhaupt los ist. Der Hochlauf der neuen Fertigungsstraße im Werk läuft nicht wie geplant. Was in meinen Augen erst schwer zu glauben war. Gedanklich hatte ich nämlich an das Projekt schon einen Haken gemacht. Alle Tests liefen bis dato ohne nennenswerte Vorkommnisse.
Für die Technik hatte ich seit Projektstart einen Lead-Engineer als Subprojektleiter in der Verantwortung. Er war vor Ort. Er kannte sich aus. Und er hatte mich bislang nicht angerufen. Wie wild kann es also sein?
Dafür extra meiner Frau erklären, dass ihre Einladung zum Dinner am Abend ausfällt? Das wollen wir erstmal sehen ...
Ja, ich war relativ ignorant. Wollte die Krise nicht wahrhaben. Denn ich konnte sie nicht gebrauchen. Viel zu unbequem. Nicht heute bitte!
So viel also schon mal vorweg: Ich habe die Situation verkannt.
2. Chaos im Projekt ist keine Projektkrise
Ich führe also ein paar Telefonate. Sammel mehr Informationen. Alles ist ziemlich chaotisch. Schnell wird klar. Aus der Ferne funktioniert das so nicht. Ich muss näher ran. Jetzt verstand ich, warum meine Chefin mich eigentlich vor Ort haben will. Doch trotzdem: Chaos ist keine Krise.
3 Stunden später sitze ich im Flugzeug. So richtig glaube ich nicht, dass das Problem groß genug ist, das sich der Aufwand lohnt. Zumal ich technisch sowieso keine große Unterstützung bin. Ich bin Wirtschaftsinformatiker und froh, wenn ich mithilfe von YouTube-Videos meine Spülmaschine wieder in Gang bekomme.
3. Die Symbolwirkung präsent zu sein gnadenlos unterschätzen
Vor Ort angekommen merke ich, das alleine meine Anwesenheit einen Unterschied macht. Meine Kolleg:innen im Werk fühlen sich gehört, gesehen und ernst genommen. Alle sind froh, dass ich da bin, um mit anzupacken.
All hands on deck. Niemand lässt irgendwen alleine oder im Stich. We are in this together. Auf einmal hatten diese Sprüche jede Menge greifbare und vor allem spürbare Substanz. Für Familie und Freunde galt das vorher schon. Seither auch für meinen Beruf.
Trotzdem, inhaltlich braucht es mich nicht. Was mache ich hier jetzt also, außer helfen, Ruhe reinzubringen? Die Antwort hatte der Werksleiter für mich: „Chris, wir brauchen dich, um Klarheit in die Lage zu bringen, uns zu unterstützen, einen Plan zu schmieden, und den richtigen Arbeitsmodus zu finden. Wir im Werk haben 13 andere Fertigungsstraßen, um die wir uns kümmern müssen. Das ist unser Part. Den Hochlauf von Linie 14 verantworten wir jetzt gemeinsam.“
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4. Den Arbeitsmodus ändern, leichter gesagt als getan
Struktur reinbringen, genau das war also meine Aufgabe. Bisher hatten wir im Projekt 2-wöchentliche Projektmeetings. Wir switchten zunächst zu Dailies. Noch am selben Tag wurde klar, dass die Hälfte des Teams nicht nötig war.
Nach 2 Tagen wurde klar, wir brauchen 3 Dailies. Einen mit jedem Schichtwechsel. Aus jeder Schicht gab es News und jede neue Schichte brauchte die News. Der 24-Stunden-Betrieb im Werk gab ab nun den Takt vor.
5. Transparenz kann ein A* sein
Das machte aber erst mal nix besser. Es war frustrierend. Ständig traten an den Maschinen neue Probleme auf. Eine Sache war gelöst, zwei neue kamen dazu. Das Chaos war weg, doch die Krise war da.
Das Gute daran: Immerhin wussten das neue entstandene Kernteam stets sofort über alles Bescheid. Keine Anrufe mehr aus Paris. Die Leitung lief jetzt in die andere Richtung heiß. Das Management war sehr besorgt. Wollte mehrmals täglich Updates. Jetzt brauchte ich einen Plan fürs Reporting, damit der Teil nicht plötzlich all meine Zeit frisst.
6. Reporting, aber g'scheit
Das lief erstmal nicht so gut. Die Besorgnis schwang um in Nervosität. Und aus Nervosität wurde Aktionismus. Plötzlich redeten viel zu viele Leute mit und hatten tolle Ideen. Der neu eingekehrte Fokus und die Konzentration im Werk waren unter Beschuss.
Und wieder nahm mich der Werksleiter zur Brust: „Chris, wir brauchen die Unterstützung vom zentralen Management. Und zwar ohne das ständige Intervenieren. Kannst du uns da bitte den Rücken freihalten?“
Es war nur halb eine Bitte. Die andere Hälfte war:
Bekomm das Reporting in den Griff!
Also fortan Fokus auf das,
- was wir konkret machen,
- wer woran arbeitet,
- wie wir den Fortschritt messen,
- wo wir Fortschritte machen,
- was wieder im grünen Bereich ist.
Fokussiert euch stattdessen vielmehr auf eine Prognose, woran ihr erkennt, dass die Projektkrise überstanden ist.
7. Das wahre Projekt-Team finden
Noch keine Woche war rum. Mittlerweile arbeitete sogar der Maschinenlieferant vor Ort im 3-Schichtenbetrieb mit. Der hatte natürlich Nachbesserungs- und Gewährleistungspflichten. Doch vor allem war klar, wir durften ihn nicht behandeln wie einen „fernen“ Zulieferer. Also machte ich dessen Techniker zum festen Bestandteil des Projektkernteams.
Getreu dem Motto: Verantwortung dort lassen, wo sie hingehört.
Noch eine Sache, die ich vom Werksleiter lernen durfte.
8. Wissen, wann die Projektkrise gelöst ist
Es wurde stetig ruhiger, um die Task-Force, die jetzt das Kernteam war. Ich war dennoch jede zweite Woche im Werk. Denn es regnete weiterhin Überraschungen. Zum Glück mit immer kleineren Auswirkungen.
Mehr und mehr kehrte Stabilität im durchschnittlichen Output der Linie ein. Ich zog mich also natürlicherweise immer weiter raus. Was ich im Nachhinein viel deutlicher hätte machen sollen. Bis hin zum klaren Handshakes mit der Schichtleitung der Linie 14 und dem Performance Management. Das hat erst irgendwann das Daily übernommen und später alle Abstimmungen in den Regelbetrieb überführt.
Das geschah irgendwie stillschweigend. Eine klare Kommunikation „Krise ist vorüber“ gab es nicht. Das würde ich beim nächsten Mal anders machen. Das geht eleganter und mit mehr Dankbarkeit, Wertschätzung und Sichtbarkeit derjenigen, die in der Zeit wirklich wenig geschlafen haben.
Aus Fehlern lernen wir bekanntlich am meisten. Du nimmst jetzt nach der Geschichte hoffentlich ein paar Abkürzungen. Oder rufst einen Komplizen an.
Falls du jetzt daran denkst, mich anzurufen oder anzupingen:
Keine falsche Scheu, klick gerne in meinen Kalender rein und vereinbar einen kostenlosen Ersttermin mit mir. Oder schreib mir eine Mail an chris(at)pm-botschaft.com.